Freitag, Februar 17

Engel mit Hut und Soldaten mit Kippa

Ramallah, 16. Februar 2006

Heute bin ich in aller Frühe nach Jerusalem gefahren, um ein paar Interviews zu führen und Informationen zu sammeln. Am Qalandya Checkpoint war es zu dieser Uhrzeit ungewöhnlich leer. Hinter der Panzerglasscheibe des Kontrollhäuschens sitzt eine unverschämt gut aussehende blond gelockte Soldatin.

Erst schaut sie mich eine Weile an, dann bittet sie mich über den knarzenden Lautsprechen, meine Jacke und meinen Gürtel auszuziehen. Mehr aber auch nicht. Schade. Statt dessen nur den Pass an die Scheibe halten und weiter gehen. Unter normalen Umständen hätte diese Situation ja schon etwas witziges an sich, aber hier ist nun mal nichts normal…


Nach einer halben Stunde herumirren – die alte Sache mit den Straßennamen und den Hausnummern – finde ich meine Gesprächspartner. Der eine in der Straße, die von der Salahedinstraße abgeht hinter dem Zahra-Hotel, der andere in der Nähe des American Colony Hotels, in der Straße wo das Restaurant Pascha ist, und da schräg gegenüber. Beides mal wieder genial präzise und einfach zu findende Adressen…

Unterwegs habe ich festgestellt, dass es auch in Jerusalem Street-Art gibt. Und dass diese sogar der Heiligkeit dieser Stadt angemessen ist.


Anschließend bin ich noch kreuz und quer durch Ost-Jerusalem und durch die Altstadt geschlendert. Viele bekannte und einige neue Ecken, die gewohnte Bewaffnetendichte (die wahrscheinlich die höchste weltweit ist) und die für Jerusalem typische Mischung aus Angehörigen monotheistischer Religionen, Händlern und Touristengruppen.





An der Klagemauer war gerade
Wandertag des Militärs, es waren
mehr grüne Uniformen der Soldaten als schwarze Uniformen der
Orthodoxen anwesend.


Mittlerweile habe ich mich an diese allgegenwärtige Präsenz
von Bewaffneten gewöhnt, aber dennoch hat es etwas seltsames
an sich, wenn Mensche
n mit umgehängten Schusswaffen ihr
höchstes religiöses Heiligtum besuchen









In einem kleinen Café in einem Gewölbekeller voller alter kartenspielenden Männern habe ich, abgesehen von einem guten, starken arabischem Kaffee noch ein schönes Exemplar für meine Sammlung „siffige Toiletten dieser Welt mit weniger als 1 qm Grundfläche“ entdeckt.


Nach einem Abstecher in eine Thoraschule, in der erstaunlich lockere Orthodoxe verkehrten, habe ich mich wieder zum Damaskustor begeben, um meine Heimreise in die dritte Welt anzutreten.



Der Checkpoint ist das Nadelöhr, welches die die beiden Welten voneinander trennt. Auf der anderen Seite – man kommt direkt am Qalandya Flüchtlingslager raus - sind die Straßen in einem miserablen Zustand, durch den Regen der letzten Tage versinkt alles im Schlamm.




Ich war übrigens gestern beim Frisör. Seitdem trage ich Mütze...



Nicht dass ich es bereue, aber man darf nicht zuviel erwarten von einem Frisör, der kaum Englisch spricht und solche Beispielbilder in seinem Laden hängen hat...



Ich habe mich für die Frisur ganz unten rechts (die vor dem Blumenkübel) entschieden...