Interview mit Ismael Haniyeh
Ramallah, 1. März 2006
Gestern erschien in der Washington Post ein Interview mit dem frisch gewählten palästinensischen Premierminister Ismael Haniyeh.
Zwar glaube ich nicht, dass der meinen Blog liest, dennoch fand ich es erstaunlich, dass er viele meiner Argumente teilweise wortgetreu verwendet hat. Heißt das jetzt, dass ich auf einer Linie mit der Hamas liege? Oder doch nur, dass an den Argumenten irgendwie was dran ist? Wie dem auch sei, interessant ist doch vielmehr, dass sich jetzt, 4 Wochen nach den Wahlen, die anfänglich Hysterie gelegt hat und allmählich durch Pragmatismus ersetzt wird.
So sind sowohl die USA, als auch die EU mittlerweile zu der Einsicht gelangt, dass ein Einstellen der Hilfsgelder nicht die neue Regierung, sondern die ohnehin schon Not leidende Bevölkerung treffen würde und den Radikalen nur noch mehr Zulauf bescheren würde. Und diese für ihre demokratische Entscheidung zu bestrafen ist dann doch nicht im Sinne der Demokratie-Exporteure. "Ein Versuch, das palästinensische Volk auszuhungern, wird gegen uns arbeiten und die Hamas stärken", warnt Amir Peretz, Vorsitzender der oppositionellen israelischen Arbeiterpartei.
Also gibt es jetzt doch Geld.
Hier erst mal einige Auszüge aus dem Interview mit Ismael Haniyeh:
Präsident Abu Mazen und die internationale Gemeinschaft haben Bedingungen aufgestellt, um mit der Hamas zu verhandeln: 1) Israel anerkennen; 2) sich an bestehende Vereinbarungen (…) halten; 3) der Gewalt abschwören. Werden sie diesen Bedingungen zustimmen?
Fühlen sie sich (…) Oslo verpflichtet?
Im Rest des Interviews hat Haniyeh eigentlich nur ununterbrochen mantra-artig wiederholt, Israel müsse erste Schritte tun, seine Regierung könne gar nicht machen. Klar sind sie in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt, aber so macht er sich´s doch sehr einfach.
Andererseits: was er fordert, nämlich den Rückzug der Israelis auf die Grenzen von ´67, ist nicht mehr und nicht weniger als die UN-Resolution 242 auch fordert. Allerdings vergeblich... Es ist doch schon erstaunlich, dass eine angebliche Terrororganisation in ihren Forderungen auf einer lInie mit den Vereinten Nationen liegt. Ywar ist das Recht auf ihrer Seite, aber keine von beiden finden Gehör.
Besonders amüsant fand ich Haniyehs Einschätzung, die Hamas sei nicht nur wegen der Korruption innerhalb der Fatah, sondern wegen ihrer religiösen Ausrichtung und vor allem wegen ihrem Programm gewählt worden.
Eine Umfrage vom Jerusalem Media & Communication Center zeugt vom exakten Gegenteil. Die Leute, die die Hamas gewählt haben, haben sie trotz und nicht wegen ihrer Religiosität gewählt.
Bei 43% der Hamaswähler war die Korruption ausschlaggebend, 18,8% war die Religiosität wichtig und gerade mal 11,8% ihrer Wähler hat die Hamas ihrem vagen politischem Programm zu verdanken.
Nach all der Politik nun noch was ganz anderes:
In Ramallah wurden in den letzten paar Wochen überall neue Buswartehäuschen aufgestellt. Was ziemlicher Quatsch ist, weil es in Ramallah keine Linienbusse gibt (naja, vielleicht werden die ja jetzt angeschafft, von all den doch fließenden Hilfsgeldern...). Die Dinger sind in einem modernen-minimalistisch-schwungvollem Design gehalten. Erinnert mich an irgend ein Tier, aber irgendwie fehlt was…
Zum Glück habe ich immer einen dicken Edding in der linken Jackentasche:
Eine handvoll Bushaltestellen habe ich schon umgestaltet, vielleicht schaffe ich es ja bis zum Ende meines Aufenthalts, alle Wartehäuschen in Freiluftgehege zu verwandeln...
1 Comments:
...dann musst du aber unter dem schnabel noch einen mund malen, sonst ist es kein asmus-vogel ;)
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