Tagesausflug nach Bir-Zeit
Ramallah, 7. Januar 2006
Heute war gleich mal ein freier Tag, denn am Sonntag fängt die Hajj an. Da es über Mittag in Strömen regnete, habe ich die Zeit mit Literatur im Bett verbracht und bin erst Nachmittags zu einem Ausflug nach Bir-Zeit aufgebrochen. Kleine verschlafene Stadt, die meisten Geschäfte hatten wegen der Feiertage geschlossen. Also bin ich durch die Straßen geschlendert und habe mal wieder Wahlplakate bewundert.
Sowieso hatte ich den Eindruck, dass die Hamas in Bir-Zeit ungleich präsenter ist als in Ramallah. Überall Hamas-Flaggen: an Straßenlaternen, an der Moschee, an Ladentüren.
Nach einem Falafel bin ich dann in ein kleines verrauchtes Straßencafé, in dem ein Dutzend alter Männer größtenteils mit Karten spielen, alle jedoch mit rauchen und Kaffee schlürfen beschäftigt waren. Mein Eintreten und mein „Marhaba!“ wurde mit einer Schrecksekunde überraschten Schweigens und einer anschließenden vielstimmigen Entgegnung „Marhabten!“ erwidert.
Und natürlich stößt meine Staatsbürgerschaft wieder einmal auf helle Begeisterung. „Germany number one government in the world!“ Nicht nur wegen der standhaften Ablehnung zum Irak-Krieg, sondern - wahrscheinlich bedingt durch das hohe Alter der Anwesenden – auch wegen dem zweiten Weltkrieg. (Mein Einwand, dass die mittlerweile ehemalige deutsche Regierung den Amerikanern aber Überflugsrechte gewährt hat, und sie deshalb lieber konsequente Kriegsgegner wie die Türkei, Österreich oder die Schweiz bewundern sollten, hat ihre Begeisterung kein bisschen geschmälert.)
Anschließend auf dem Heimweg im Sammeltaxi (diesmal wusste der Fahrer nicht, wo ich wohne – ich musste es ihm sagen) ist mir erneut aufgefallen, wie ehrlich die Taxifahrer und Händler hier sind. Im Gegensatz zu der weit verbreiteten Touristenabzocke, die ich in Marokko und in Syrien erlebt habe, verlangt hier niemand doppelt und dreifache Touristenpreise. Wenn eine Fahrt 3 ½ Schekel kostet, dann kassiert man auch 3 ½. Und nicht 5, 7 oder gar 10.
Ich bin zwar (für deutsche Verhältnisse) nicht reich, aber 2 Schekel habe ich noch…
Was ich heute von seinen Erzählungen verstanden habe, ist, dass er seit 24 Jahren hier arbeitet und das er irgendwann mal von einem israelischen Soldaten am Checkpoint geschlagen worden ist, der ihn nicht durchlassen wollte. Deswegen trägt er jetzt immer eine Bescheinigung der Einrichtung bei sich, die ihm bescheinigt, dass er hier arbeitet und ihm gefälligst Bewegungsfreiheit zu gewähren ist.
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